20. Workshop des Netzwerks Biographieforschung: Persona: Nutzbarkeit und Grenzen eines Konzeptes

06. Mai 2022, Wienbibliothek

 

Freitag, 6. Mai 2022, 9h-13h

in den Loos-Räumen der Wienbibliothek im Rathaus, Bartensteingasse 9/5, 1010 Wien (https://www.wienbibliothek.at/ueber-uns/loos-raeume)

 

Programm:

 

9:00-10:00

Auto/Biographisches Intro und Einfinden in den Text von Algazi (anbei)

 

10:00-10:45

Markus Tumeltshammer: Wie antizipieren, imaginieren und bewerten Wissenschaftler*innen sich selbst und andere im Umgang mit akademischen Curricula Vitae unter Rückgriff auf erwünschte und unerwünschte Personae?

Corinna Oesch: Briefe an prominente Frauenbewegungsaktivistinnen. Das persona-Konzept im Kontext von Frauenbewegungen um 1900

 

10:45-11:15

Pause

 

11:15-12:30

Sandra Mayer / Timo Frühwirth: Digitale Edition als Life-Writing-Projekt: Persona als Schlüsselkonzept?

Katharina Prager: Editing a Scholarly Persona in the New Field of Women's History: Gerda Lerners autobiographische Praktiken zur Integration von Tabus

Johanna Gehmacher: Lässt sich die Figur der 'modernen Frau', wie sie um 1900 in transnationalen Frauenbewegungskontexten propagiert wurde, als eine neue 'persona' konzipieren?

 

12:30-13:00

Abschlussrunde und Neuplanung

 

 

Die Veranstaltung wird nach den dann geltenden Covid-Präventionsregeln der Stadt Wien durchgeführt werden.

 

 

Johanna Gehmacher, Katharina Prager

 

 

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Call: 20. Workshop des Netzwerks Biographieforschung:

Persona: Nutzbarkeit und Grenzen eines Konzeptes

 

Das Konzept der Persona, das vor knapp 20 Jahren in die Wissenschaftsgeschichte Einzug gehalten und seither eine erstaunliche Karriere in den Kulturwissenschaften erlebt hat, bringt eine Reihe von spannenden theoretischen Perspektiven auf einen Begriff. Es erlaubt, einige alte Fragen neu zu stellen und regt u.a. zu den folgenden Überlegungen an: Wie kann die Verflechtung zwischen Sets kultureller Normen und biographischen Selbstentwürfen thematisiert werden? Wie können zur Verfügung stehende Rollen, Verkleidungen und Charaktermasken historisch eingeordnet und in ihrer Kontinuität und Veränderbarkeit beschreibbar gemacht werden? Wie können Handlungsräume von Akteur*innen analysiert werden? Wer kann in welchen sozialen Kontexten ein bestimmte Persona in Anspruch nehmen? Durch wen und in welchen historisch-politischen Momenten können vorgängige Personas umgeschrieben, transformiert, neu situiert werden? Die Anschlussfähigkeit des aus der Anthropologie stammenden Konzeptes in ganz unterschiedlichen Disziplinen weckt Hoffnungen auf eine gemeinsame begriffliche Sprache, wirft aber auch die Frage auf, ob es nicht gerade die Unschärfe und der zumeist nur sehr allgemein definierte Geltungsrahmen sind, die es so erfolgreich machen. Der Historiker Gadi Algazi, der zum Nachdenken über die Geschichte wissenschaftlicher und anderer Personas in das Feld der Kulturwissenschaften maßgeblich beigetragen hat, verhandelt im 2016 publizierten Aufsatz 'Exemplum and Wundertier. Three Concepts of the Scholarly Persona' unterschiedliche Verwendungsformen des Konzeptes und macht Vorschläge sowohl zu seiner Differenzierung als auch zu seiner Begrenzung. Diesen anregenden Text wollen wir im kommenden Workshop als Ausgangspunkt nehmen, um die Nutzbarkeit des Personakonzeptes in Kontexten von Biographietheorie und biographischer Forschung zu erkunden. Ausgehend von der vorbereitenden Lektüre des Textes wollen wir unter anderem die folgenden Fragen diskutieren: o Welche Anknüpfungspunkte bietet das Konzept für Forscher*innen, die sich in unterschiedlichen Disziplinen mit Narrationen des Biographischen, lebensgeschichtlichem Material oder biographischen Entwürfen auseinandersetzen? o Inwiefern kann der Fokus auf kulturelle Präskripte und situierte Praktiken helfen, Erzählformen und Erfahrungsweisen des Biographischen neu zu denken? o Wie lässt sich die Perspektive auf je verfügbare Personas und ihre Verwendung durch historische Akteur*innen mit Ansätzen wie etwa jenem der Metabiographie oder der Celebrity verbinden? Wie verhält sich die Frage nach der Persona zu Analysen des Geniebegriffs oder zur Auseinandersetzung mit historischen Entwürfen und Performanzen von Weiblichkeit, Männlichkeit, Queerness? o Welche Leerstellen erzeugt das Konzept der Persona? Wie können insbesondere die Grenzen der Gestaltbarkeit einer Persona vor dem Hintergrund von historischer Situierung, sozialer und ökonomischer Positionierung oder von Körperlichkeit analysierbar gemacht werden? Wir freuen uns über Vorschläge zu kurzen Statements (10 Minuten) mit Bezug auf potentielle oder bereits eingeführte Verwendungsweisen des Personakonzeptes in Eurer je persönlichen Forschungswerkstatt bis zum 18. März 2022.

Johanna Gehmacher, Katharina Prager