14. Workshop des Netzwerks Biografieforschung: „Relationalität“ – Trend, Genre. Kategorie?

9. November 2018

10.00-15.00 Uhr

am Institut für Europäische Ethnologie, Hanuschgasse 3, 2. Stock, Seminarraum



Ausgangspunkt unseres Vorschlags zur Diskussion innerhalb des 14. Workshops des Netzwerks Biografieforschung ist der Ansatz der Anglistin und Literaturwissenschafterin Anne Rüggemeier, die in ihrer Monografie „Die relationale Autobiographie“ (2014) Relationalität als Genre der neueren englischsprachigen Erzählliteratur definierte – und in Hinblick auf Selbstzeugnisse, in denen ein „autobiographisches Ich inszeniert [wird], welches nicht als autonom und isoliert in Erscheinung tritt, sondern als ein ständiger Verknüpfungsort zwischen Ich und Anderem.“ Als Merkmal des „Genres“ bestimmte Rüggemeier den Dialog – mit einem kollektiven Kontext (z.B. mit der Geschichtsschreibung), mit dem Selbst-als-ein-Anderer und nicht zuletzt mit den kulturellen Codes der Autobiografie und den Leser*innenerwartungen. (Vgl. Rüggemeier_Einleitung und Theorie, 1–69)

Rüggemeiers Ansatz ist sehr produktiv und anregend, aber – wie Julia Watson, eine der bekanntesten Expertinnen im Bereich Life Writing – in ihrer Rezension des Bandes anmerkte, auch problematisch: So müsste die „relationale Autobiografie“ historisiert werden und ist in einem engen Zusammenhang mit feministischer Kritik und der Kategorie Geschlecht zu sehen. Zudem tritt die Frage der Grenzen zwischen Biografie und Autobiografie erneut auf und verlangt das Mitdenken vieler nationaler und kultureller Hintergründe.

Angeregt durch Julia Watsons Rezension würden wir gerne Relationalität als analytische Kategorie in den Blick nehmen und anhand von Beispielen aus Ihrer Forschungspraxis und anhand folgender Fragen diskutieren:
Welches Verständnis von Phänomen und Begriff Relationalität bestimmt in welchen (inter)disziplinären Rahmungen die jeweilige Forschungsperspektive?

* Auf welche Weise zeigt sich Relationalität in autobiografischen Texten und auch Bildern und wie verhält sich diese Perspektivierung zu Darstellungsformen, die auf ein autonomes Individuum fokussieren?

* Wie (stark) spielt Relationalität mit der Kategorie Geschlecht und feministischer, postkolonialer, intersektionaler Kritik des Kanons zusammen?

* Wie kann / muss Relationalität historisiert und kontextualisiert werden?  Welche kulturellen Traditionen und Muster, welche Kulturtechniken und Medientechnologien (Stichwort: Digitalisierung) spielen hier eine Rolle?

* Welche Auswirkungen hat eine Analyse der Relationen in einer Autobiografie auf unser biografisches Arbeiten? Aber auch: welche Konsequenzen ergeben sich daraus?


Sarah Herbe, Klara Löffler und Katharina Prager